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Ungarn / Rumänien / Moldawien 2003
Geplant habe ich Nyiregyhaza (H) - Negresti Oas (RO) - Borsa (RO) - Suceava (RO) - Iasi (RO) - Chisinau (MD)
und so kam es auch
DO 31. Juli 2003
Ich brach am Abend des DO 31. Juli 2003 auf. Insgesamt nutzte ich 7 Züge, um endlich um 16:30 Uhr in Nyiregyhaza zu landen.
FR 1. August 2003
Ermüdend war das lange Warten auf dem Bahnsteig in Salzburg (2 1/2 Stunden) und in Budapest (3 Stunden). Der Zug von Salzburg nach Budapest war voll, sodass von einem erholsamen Schlaf keine Rede sein konnte.
Das Problem des Radtransportes in Ungarn (das mich lange bei der Vorbereitung beschäftigt hatte) war keines. Man kann offenbar in jedem Zug (auch wenn er nicht speziell dafür ausgewiesen ist) das Rad mitnehmen - natürlich ohne Bestellung, auch meist ohne Fahrkarte.
Am Bahnhof in Budapest (Budapest Keleti PU = palya udvar) traf ich andere Radler, die den Donauradweg nach Wien flußaufwärts fahren wollten.
Bei der Bahnfahrt kam ich auch bei Tokaj vorbei. Der "Große Berg" mit seinen Weingärten war ein toller Anblick.
Zum dritten Mal war ich in Nyiregihaza und sah immer wieder neue Dinge - aber ein Muss ist diese Stadt in Ostungarn nicht.
Ich freute mich schon auf das Fahren. Mit dem Rad in fremder Landschaft zu fahren, ist für mich Freiheit.
Nachdem mein Rad mich voriges Jahr in Stich gelassen hatte, kaufte ich mir ein spezielles Reiserad KTM Viagggio.
Wechselkurs 1 Euro entspricht ca. 256 Forint (HUF).
Sa 2. August 2003
In der Früh startete ich Richtung Osten.
Die Tiefebene ist fruchtbar - Mais, Tabak, Äpfel, Birnen, Hollunder, Pfirsich, Zwetschken, Kohl, Paprika, Pfefferoni, Gurken, Dünnye (=Zuckermelonen zu 30 Forint pro Kilo - entspricht 10 Cent).
Vieles wird direkt verkauft - der Opa, die Oma, die Tochter sitzen da an der Strasse und warten auf Kunden.
Nach 30 km kam ich in ein geschlossenes Waldgebiet - den Bata-Wald. Angenehme Luft und vor allem Schatten ließen dieses Wandergebiet auch für den Radfahrer verlocked erscheinen.
Ab Mateszalka wurde es wieder heiss auf offener Strasse. Gott sei Dank ging Gegenwind, so dass es zum Aushalten war.
Die Wasserpumpen in den Ortschaften waren ein Segen für Kopf und Hände.
An der Grenze kamen mir auch deutsche, österreichische und italienische Auto-Kennzeichen unter.
Im Grenzübergangsgebiet fand ich nach etwas Suchen zwei Grenzmarkierungen - die Grenze zwischen H und RO.
Vor der Grenze tauschte ich meine verbliebenen 5000 HUF (Forint) in 650.000 ROL (Lei / Einzahl=Leu).
Bei neuer Währung gilt es für mich immer sofort eine Kopfumrechnungsregel festzulegen. (4 Stellen weg und dann durch 4 ergibt die Euro)
Mein Thermometer zeigte 32 Grad an.
Ich verlor 1 Stunde (OESZ = Osteuropäische Sommerzeit).
Ab der Grenze erkannte man in der Ferne schon die Karpaten.
Kurz nach er Grenze kam ich nach Satu Mare zum Mittagessen. Am Bankomat holte ich mir auch gleich meine 4.000.000 Lei (Transilvanische Bank - kein Problem!). Das waren laut meiner Regel 100 Euro - da musste ich mal schauen, wie weit ich damit kam.
Beim Ausfahren aus Satu Mare verpasste ich zweimal (oje!!!) die Ausfahrt und landete immer am Bahnhof (=Gara).
Bei Livada waren die ersten Anfänge der Karpaten zu spüren (es geht den ersten Schnackler - eine kurze Steigung - hinauf). Gleich danach landete ich im Hochtal Oas (gesprochen Oasch).
Der neben dem Hotel liegende Badesee war erholsam - weiches Wasser, angenehme Temperatur - ein würdiger Tagesabschluss.
So 3. August 2003
Nach einer kurzen Nacht - wer sollte schon wissen, dass genau an diesem Samstag abend im Hotel ein Konzert mit ensprechender Lautstärke bis 3 Uhr früh stattfand? - startete ich durch das wunderschöne Oas-Tal (mich hat das Tal heuer wieder fasziniert) über Negresti Oas weiter zum Huta-Pass. Sanft steigt dieser Pass auf.
In einer kleinen Ortschaft vor dem Pass war gerade Zeit zum Kirchgang. Aus allen Hausern strömten die Frauen (jung und alt) in ihren bunten Trachten - begleitet von den Männern (ohne besondere Tracht) zur Kirche. 5 Minuten vor dem Beginn des Gottesdienses läuteten die Glocken, was die vor der Kirche Wartenden zum Eintritt ins Gotteshaus bewegte. Etwas säumige Damen setzten im Laufschritt zur Kirche an.
Am Pass traf ich eine Partie Wiener Motorradfahrer, die die Moldauklöster erkunden wollten.
Danach ließ ich es 5 km bis ins Theiß-Tal an der ukrainischen Grenze laufen.
Bald kam ich nach Sapanta, wo ich wieder den 'lustigen' Friedhof besuchte. Auch dort war Gottesdienst, der per Lautsprecher ins Freie übertragen wurde. Die Kirche war voll - einige Frauen saßen herausen und verfolgten so den Gottesdienst. Zwischen diesen Betenden schlichen Touristen herum und versuchten, Kinder in Tracht auf ihr Foto ('Ich und das Mädchen aus Maramures') zu bannen. Auch Geldscheine flossen den so Fotografierten zu - das ist Tourismus!
Nachdem ich nach mehreren Versuchen, die Predigt zu verstehen, aufgab, zog ich mich zurück, suchte noch ein Grab eines Lehrers und verlies den Ort.
Und dann fuhr ich entlang der ukrainischen Grenze (Theiß) nach Sighetu Marmatiei (auf deutsch Sighet).
Vor dem Holocaust war dieser Landstrich eine der Hochburgen jüdischen Lebens in Osteuropa. Allein in Sighetu Marmatiei waren fast die Hälfte der Einwohner Juden. Auch Zipser gab/gibt es, die im 18. Jahrhundert aus der slowakischen Zips, auf Geheiß der "Kaiserin" Maria Theresa, ins Land geholt wurden. Sie sollten dem ungeheuren Holzreichtum der Maramures zu Leibe rücken. Vor allem Viseu de Sus (Oberwischau) wurde eine Hochburg der Zipser. Nach dem Zusammenbruch des Ostblockes haben viele Zipser ihr Heil in Deutschland gesucht.
Die Maramures ist vor allem ein Land des Holzes. Die Bewohner sind in ganz Rumänien als hervorragende Holzfäller bekannt. Die oft riesigen hölzernen Tore der Bauernhöfe sind oft kunstvoll verziert. Besonders die alten Holzkirchen ziehen viele Menschen in ihren Bann.
Auch die Webkunst steht in großer Blüte. Sobald es etwas warm wird sitzen die Frauen mit ihrem Spinnroggen vor ihrem Haus. In vielen Häusern ist auch heute noch ein Webstuhl zu finden. Schon die jungen Mädchen lernen die Kunst des Webens.
Schürzen, Jacken oder auch Teppiche werden hier noch selbst gefertigt.

Sighetu Marmatiei hat über 40.000 Einwohner und liegt am Fluss Iza in der Nähe der Ukrainischen Grenze. Im Stadtzentrum kann man einige Gebäude im Wiener Barockstil bewundern. Das älteste Denkmal des alten Zentrums ist die reformierte Kathedrale, welche im 14. Jahrhundert im deutschen, gotischen Stil erbaut wurde.
Ich fuhr dann das Iza-Tal hinauf, das für seine Holztore bekannt ist. Ganz sanft steigt das Tal an und ich hatte Zeit, in viele Höfe hineinzuschauen.
Bei Roavlea hab ich bei einem Kloster ein Innsbrucker Pärchen getroffen, das per Mountainbike das Gebiet Maramures bereist.
Leichter Regen und eigentlich die späte Uhrzeit machten mir die Entscheidung leicht, bei einer "Pensiune" abzusteigen.

Das Bankerl vor dem Haus: Sonntags ist offenbar das ganze Dorf auf den Beinen, Jugendliche sammeln sich vor einer der vielen Bars, meist eine, die die starken Rhythmen (bum-bum-bum) auf die wehrlose Umwelt losläßt. Auch Mädchen sind dabei, aber wenige.
Die Erwachsenen (die ohne das bum-bum-bum auskommen können) sitzen auf dem Bankerl, das jedes Haus vor sich hat in Gruppen (meist reine Männergruppen und reine Frauengruppen) und begutachten jeden, der vorbeikommt. Viele grüßen, was mich zu einem fröhlichen 'grias enk' (versteht sowieso keiner dort, klingt aber gut) veranlasst.
In einigen Dörfern haben diese Bankerl sogar ein Dach, so dass ein kleines Häuschen entsteht, das das Zusammensein noch gemütlicher macht.
Viele der Frauen und auch einigen Mädchen sind noch am Abend in Tracht (vom Vormittag her).
MO 4. August 2003
Montag war der Tag, vor dem ich mich lange Zeit gefürchtet habe - Pasul Prilop (1416m).

Zuerst fuhr ich weiter nach das Iza-Tal hinauf. Gleich in Bogdan Voda war Markt. Von weit her wurden Rinder, Schafe, Pferde zu diesem Markt getrieben. Natürlich war neben dem Viehmarkt auch landwirtschaftlicher Bedarf, Schuhe, Obst, Gemüse, Mais, Fahrräder, Fahrradteile, Autoreifen im Angebot. Auch die vielen Grillereien waren gut besucht. Die Waren wurden zu Fuss, per Handwagen, per Scheibtruhe, per Pferdewagen, per PKW (Dacia -was sonst) oder per LKW angeliefert.

Irgendwo schaute ich mir den Friedhof und die Holzkirche an, da hielt ein Klein-LKW an der Friedhofsmauer und man wartete auf einen, der mitfahren sollte. In der Zwischenzeit nahm einer einen Sack und holte zwei junge Kätzchen (schon gross genug) heraus und warf sie über die Friedhofsmauer. Meinen (vielleicht zu sympathisierenden) Blick, beantwortete er mit 'mare problem = grosses Problem'.
Endlich erreichte ich den höchsten Ort in dem Tal - Sacel (Satschel gesprochen) und überquerte den Pass ins Viseu-Tal nach Moisei und weiter nach Borsa. In Borsa musste ich ja voriges Jahr meine Tour abbrechen. Dort kam mir eine Radgruppe entgegen - ohne Gepäck - wahrscheinlich eine organisierte Tour.

Die Luft war angenehm kühl, Wolken zogen übers Land und ich begann den Aufstieg auf den Pass.
Lange zog sich die gleichmäßig ansteigende Strasse nach oben. Überholte mich ein LKW, hatte ich Gelegenheit, den Verlauf der Strasse zu verfolgen. Manchmal war es erschreckend, wie weit oben der LKW erschien. Aber mit meinem Rad lief es wunderbar. Immer wieder luden Quellbrunnen ein, mich mit frischem Wasser zu versorgen.
Um 14:00 Uhr war es geschafft. Zigeunerkinder warteten mit Bechern voll Schwarzbeeren und Himbeeren. Dann kam die Belohnung (Wurst, Käse, Trinkjohurt, Weissbrot, Mineralwasser, Tomaten und 1 Banane - hab ich alles in Borsa gekauft).
Eine Stunde gab ich mich der frischen Luft, der Ruhe, der Einsamkeit hin.

Ich hatte das Judetul (=Bundesland) Suceava erreicht.

Dann trat ich die Talfahrt an durch ein traumhaftes einsames Waldgebiet. Ortschaften, so weit sie in meiner Karte eingetragen sind, bestehen nur aus mehreren Häusern und meistens einem 'Magazin mixt'. Rückenwind, die abfallende Strasse, bewölkter Himmel, machten diese Strecke zu einem Traum für mich Radler.
Das 'Magazin mixt' ist der Nahversorger in den Dörfern. Oft nicht mal durch ein Schild erkenntlich, bieten sie die Grundausstattung an Getränken (Bier, Cola, Wasser) und anderen Lebensmitteln an. Daher sind sie hier nach Feierabend auch durch die Ansammlung von Holzfällern ersichtlich. Diese wohnen während der Woche in primitiven Unterkünften aus Holz und Folie.

Die Häuser schauen hier anders aus, als die in Maramuresch. Sie sind verziert.
Bei der nächsten grossen Kreuzung in Iacobeni war natürlich keine Unterkunft zu finden, daher blieb mir nichts anderes übrig, als auf den nächsten Pass (Pasul Mestecanis) abzubiegen. Im leichten Regen trat ich wieder auf über 1000 m hinauf. Dort oben reichte es mir! (was durch Vorhandensein einer Cabana natürlich enorm erleichtert wurde).
Eine Cabana ist eine hier häufig zu findende Einfach-Unterkunft in Form von kleinen Hüttchen (in meinem waren 2 Betten und 1 Tischlein, damit war die Hütte voll), sonst wie ein Campingplatz. Das angeschlossene Restaurant bot mir Gelegenheit, vom Pass herunter auf vergangene Leistungen zu schauen.
DI 5. August 2003
Am nächsten Dienstag startete ich mit einer tollen Bergabfahrt - wieder mit Rückenwind - bis kurz vor Campulung Moldovenesc. Dort bog ich zum Kloster Moldovita ab. Auf der Karte war ein Pass eingezeichnet - hab ich mir gedacht, den hab ich gleich, aber... wieder ging es bis auf über 1000 m hinauf. Einsam, kühl, lang.
Die Abfahrt entschädigte wieder. Vor allem weil ich direkt in Vatra Moldovitiei ankam, wo ich am Ortsrand das erste Kloster von mehreren besichtigte. Mit meiner kurzen Radlerhose ging bei der Besichtigung nichts - ich musste die Blue jeans anziehen.
Weiter fuhr ich das Tal hinaus nach Gura Humorului und besuchte dort das Kloster Voronet. Dort bekam ich einen schürzenartigen Umhang.
Beim Zurückfahren suchte ich mir die Unterkunft, ließ dort mein Gepäck zurück und eilte ins nächste InternetCafe, um das Online-Tagebuch schreiben.
Ich radelte dann ohne Gepäck die 10 km zum Kloster Humor. Dort wurden neben Eis, Cola auch Teppiche, Stickereien, Blusen, Schnitzereien und andere Andenken verkauft. Ansichtskarten gab es nur im Kloster. Die schwarz gekleideten Nonnen - mit einem neckischen runden Kapperl - führten die Besucher. Aber so genau wollte ich es nicht wissen und schaute mir alles alleine an. Ich hab mir vorher den Reiseführer durchgelesen und dann die Bilder im Original angeschaut. Hier in Humor sind aussen 365 orthodoxe Heilige dargestellt. Ich glaubte nicht, dass ich alle erkannt richtig hatte :-))
Am Abend ging ich noch zum "Raul Moldova" - der Fluss Moldova, der der Gegend den Namen gegeben hat, wo auf der weiten Uferfläche gezeltet, gegrillt, gefaulenzt wurde - ein grossartiger Erholungsraum.

Zum Thema Hunde: eine Menge von herrenlosen Hunden streunt herum. Diese sind äußerst ängstlich, verziehen sich sobald man sich ihnen nähert, sind sofort weg, wenn man sie anschnauzt.
Einer verschwand direkt vor mir in einem kleinen Kanalrohr. Als ich dann nachschaute, kroch er noch weiter nach hinten. Wenn man aber so einen Hund herlockt, dann hat man einen ganz lieben, anschmeichelnden Hund, der nach Gabe eines Stücks Brot ganz zutraulich wirkt.
Und dann gibt es die, die bei Häusern die Aufpasser sind. Die springen entlang des Zaunes wie verrückt auf und ab, und wehe, wenn sie ein Loch im Zaun finden, dann heisst es Ruhe bewahren (wenn man kann; ich kann nicht) und lostreten. Dann ist sicher der falsche Gang drinnen, es geht bergauf oder sonst irgendetwas. Das sind fürchterliche Momente. Aber das kennt jeder Radfahrer - nur hier sprechen die Hunde nicht deutsch, wenn ich sie mit einem 'verschwindts' bedenke.

Zum Thema körperliche Sicherheit: verkehrsmäßig ist es kein Problem, wenn man Dieselauspuffgase in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Farben liebt. Die vielen Pferdefuhrwerke zwingen ja die LKWs und auch flotten PKWs immer wieder langsam zu fahren und da kann man schon auch so einen Radler berücksichtigen.
Ich fühlte mich bisher noch nie gefährdet. Es wird sowieso gehupt, wenn von hinten ein Auto kommt, aber nicht als 'verschwinde, jetzt komme ich!', sondern als 'Achtung, Auto von hinten!'.
Die 'kriminelle Sicherheit' beschäftigt mich nur in ganz wenigen Momenten. Wenn ich in einer Stadt bin, dann bin ich bei Ansammlungen von Leuten (Bushaltestellen, Bahnhöfen, Märkten) sehr aufmerksam - aber das muss ich in Salzburg, München, Wien oder sonstwo auch sein.
Am Land in den Dörfern gibt es das Problem nicht. Die Menschen sind sehr freundlich, grüßen zurück, immer wieder blieb ich stehen, fragte, ob ich fotografieren dürfte.
MI 6. August 2003
Heute hatte ich keine weite Strecke vor mir. Da dachte ich, dass ich mal so durch das Land gondle.
Gleich nach Gura Humorului zweigte ich nach rechts ab und nahm eine Strecke, die auf der Karte als Neben-Nebenstrasse angezeigt ist.
Das war super. Der Strassenbelag war
- ganz ordentlich (bestens asphaltiert),
- aber auch Betonplatten (wie auf der Hauptstrasse, aber ganz ohne Treppeneffekt),
- Schlaglöcher, die das finden eines Asphaltstreifens nicht mehr zuliessen,
- Betonplatten mit dem tak-tak-Effekt und jeweils mehreren Zentimetern Höhenunterschied
alle Varianten - nur keine Schotterstrasse, wie ich sie erwartet hätte.

In einem kleinen Dorf Dragoiesti läuteten die Kirchenglocken (und das um 20 Minuten vor 10:00 Uhr). Ich blieb stehen, ging (vorsichtig) hinein und kam gerade beim Gottesdienst zum Evangelium. Anwesend waren Frauen, Kinder und auch Männer (alte). Der Pope kam hinter der Ikonostase heraus, mit Alleluja wurden die Kinder von den Frauen aufgefordert (gedrängt), mit den Kerzenhalter zum Lesepult zu gehen, dort niederzuknien und zuzuhören (das kenn ich!). Alle knieten beim Evangelium (ich natürlich auch). Verstanden hab ich nur mal 'Jerusalem', 'Jeschusch'. Das Evangelium wurde gesungen.

Im nächsten Dorf sass eine Partie Männer vor dem Magazin Mixt und riefen mir beim Vorbeifahren etwas laut zu. Ich blieb gleich stehen und fragte, ob ich ein Foto machen könnte. Natürlich! Sie setzten sich zurecht und ich drückte ab. Die Adresse schrieb einer in mein Heft, das Foto schickte ich ihm.

Im selben Dorf wurde eine grosse Sau auf dem Pferdewagen geführt. Für das Foto setzten sich die beiden Damen gleich zurecht.

Später kam ich bei einem Magazin Mixt vorbei, holte was zu trinken. Dann fotografierte ich das Magazin von aussen. Kinder schauten mir zu und kamen gleich her. Natürlich wieder ein Foto. Mehr Kinder kamen, noch ein Foto, dann kam die zuerst finster dreinblickende Mixt-Dame und ließ sich auch dann noch in ihrem Geschäft fotografieren. Einer der Kinder sprach mich auf Englisch an. Er besuchte die Höhere Schule in Suceava und war in diesem Dorf auf Urlaub.

Die Bankerl, besonders wenn sie schattig gelegen sind, laden zum Sitzen ein (wozu sonst). Ein älteres Paar schaute mir bei Vorbeifahren zu - ich grüsste, stieg sofort ab und machte ein Foto. Gleich kam eine in der Nähe stehende Frau mit Kindern dazu und noch ein Foto gabs ab.
Nach diesen Kilometern übers Land - Hügel rauf, Hügel runter - kam ich in Suceava an. Eine nach dieser Einsamkeit quirlige Stadt mit besten Strassenverhältnissen und einem Internetcafe erwartete mich.
Ich fuhr von Suceava aus zum Kloster Dragomirna im Nordosten. Die Strasse war immer leicht ansteigend - mit Gegenwind. Am Ende der 10 km war das Kloster ganz einsam in einem flachen Tal. Das Kloster ist aussen nicht bemalt, aber mir hat es am besten gefallen - die Ruhe und der Baustil.
Danach hiess es zurück nach Suceava - gefreut hat es mich nicht mehr - und dann bergauf, bergab die restlichen 45 km nach Botosani.
Irgendwo wurde die Strasse auf 5 km repariert - flüssiger Asphalt (oder ist das Bitumen??) wurde auf die Strasse gespritzt und dann 10 cm Schotter drauf geleert und etwas eingewalzt. Der Erfolg war, dass die Steine bei den Autos herumspritzten, mit der Zeit der überzählige Schotter sich am Rand - da wo normal ich fahre - sich sammelte. Erst nach 20 km war mit dem neuen Schotter wieder Ruhe und die Strasse wieder super.
Über den Fluss Siret gings im grossen Bogen und ich wechselte in das Judetul Botosani. Jedes Judetul hat seine eigene Autokennzeichen. Das ist mein zweites Interesse. Ich versuchte, die Kennzeichen von ganz Rumänien zu fotografieren. Ich glaubte auch meine Ukraine-Sammlung vervollständigen zu können, aber PKWs aus UA sah ich fast keine.
In Botosani bezog ich meine Unterkunft und erkundete die Stadt. Eine Fussgängerzone mit Springbrunnen, wenig Geschäften, vielen Bars, Magazin Mixt, Verliebte, jugendliche Burschengruppen, kichernde Mädchenansammlungen, Hinz und Kunz waren unterwegs. Es gab einige fesche Gebäude. Beim Rückweg ging ich dann durch Wohngebiete und Innenhöfe. Es sah schon recht verlottert aus.
DO 7. August 2003
Am nächsten Tag auf der Strecke nach Iasi: Die Landschaft wechselte von stark hügelig - die Strasse ging immer ganz oben drüber - über leicht wellig bis fast ganz flach.
Wald war wirklich Mangelware und damit auch der Schatten. Am Strassenrand im Wald sassen Männer, Frauen und Kinder mit Kübeln von Pilzen. Diese wurden nicht an Vorbeifahrende verkauft, sondern ein Händler fuhr die Sammler ab und nahm denen das gesamte Sammelergebnis ab. Er selber verkaufte die Pilze an einen weiteren Händler im Gemüse- und Obstmarkt in der nächsten grösseren Stadt. In Suceava besuchte ich solch einen Markt - optisch, geruchsmäßig immer erfreulich. Leider beschränkte sich mein Einkauf auf 4 Tomaten, 2 Bananen. Mehr konnte ich nicht mitnehmen - und was soll ich mit einer ganzen Zuckermelone?

In den kleinen Dörfern luden immer wieder Brunnen zum Erfrischen ein. Wasser im Haus ist sicher eine Seltenheit am Land. Das Wasser wird beim Ziehbrunnen mit Kübeln geholt. Die Brunnen sind in oft einem Holzhäuschen, das verschlossen werden kann. Diese Brunnenhäuschen können im Garten eines Hauses nur für das betreffende Haus bestimmt sein, oder sie sind am Rand vom Garten zur Strassenseite offen und damit auch für die Nachbarn nutzbar. Natürlich dient der Brunnen für die Wasserholer als Treffpunkt zum Schwätzen. Ich nutzte das Wasser der Brunnen manchmal zum Drüberleeren und Kopfreinstecken.
Pferdefuhrwerke sind am Land das Um und Auf. Die Pferde sind etwas kleiner als sonst, mager und geduldig. Sie traben alleine, zu zweit mit den schweren Lasten, manchmal auch mit der Familie am Wagen durch die Landschaft. Besucht der Fahrer eine Magazin Mixt - um sich zu erfrischen - dann stehen die Pferde einfältig, geduldig da - in der prallen Sonne, manchmal mit Futter versorgt. Pferdeäpfelslalom müßte eine olympische Disziplin werden. Ich kanns noch nicht soo gut, erwische immer noch welche, aber es wird besser.
Die landschaftliche Nuztung ist ganz unterschiedlich. Neben Anbauflächen (Mais, Sonnenblumen) gibt es auch weite Grassflächen, die niedrig bewachsen sind - wie Almböden. Sie dienen Pferden, Rindern, Schafen, Enten, Gaensen als Weide. Diese Tiere sind meist alleine unterwegs. Aber auch behirtete Herden gibt es.
Heute hat offenbar ein Hirte seine Schafe auf fremden Grund weiden lassen. Ich hoerte auf einmal den Schafhirten heftig mit seiner Peitsche herumknallen und die Schafe auf eine andere Flaeche zu treiben. In der Ferne sah ich ein Pferdefuhrwerk mit hohem Tempo ueber die Grasflaeche zum Hirten gallopieren, dort anhalten und der Bauer lief schimpfend zum Hirten. Die 'Unterhaltung' war eine sehr einseitige. Der Hirte schlich von dannen und der Bauer zog immer noch schimpfend wieder ab.

Zäune sind ein Lieblingswerk der Häuslbauer. Bevor das Haus überhaupt gebaut wird, wird eine riesige Mauer (heute hab ich ca. 100 x 200 m Zaun, 3 m hoch, gemauert gesehen) um das Grundstück herumgebaut. Manchmal sieht man hinter der Mauer nur eine Wiese, aber Hauptsache die Mauer steht.
Das letzte Stück der heutigen Etappe fuhr ich wieder auf der Hauptstrasse. Vierspurig ging es auf Iasi (gesprochen Jasch) zu. 10 km vorm Ziel gabs eine Metro (Grosshandeleinkauf). Dort hatte ich Gelegenheit, weitere Autokennzeichen zu fotografieren. Gegenueber war eine riesige Werbung "Gut, besser, Gösser".
Preise: 1 Cola 0,5 l an der Tankstelle 20.000 Lei = 0,50 Euro
1 Portion Mic (=5 Cepvapcici/Stangerl) 40.000 Lei = 1 Euro
2 Liter Mineralwasser (Apa) 10.000 Lei
Ein Abendessen mit Bier (denn bei meinen Radtouren trinke ich Bier) ca. 80.000 Lei = 4 Euro
1 Stunden Internetcafe 10.000 Lei = 0,25 Euro
Zur Frage Internetcafe: je ärmer ein Land ist, desto mehr Internetcafes gibt es, in reicheren Ländern haben die Leute das Internet zu Hause.
Ich stellte fest, dass Iasi eigentlich eine schöne Stadt ist.
Jassy (Iasi - gesprochen Jasch), die drittgrößte Stadt Rumäniens, Hauptstadt des ehemaligen Fürstentums Moldau und heute noch wichtiges kulturelles und geistiges Zentrum des Landes mit einer Einwohnerzahl von ca. 350.000, liegt im Nordosten Rumäniens. In Jassy befindet sich die älteste Universität Rumäniens.
Deutschland hat seit 1996 den öffentlichen Personen-Nahverkehr in Rumänien mit insgesamt 2,5 Millionen Euro gefördert. Gebrauchte Straßenbahnen und Trolleybussen wurden von Deutschland nach Rumänien uberstellt.
Im Mai 2003 wurden 27 Straßenbahnzügen nach Jassy geliefert.

Bettelnde Kinder: Im Stadtbild erscheinen immer wieder Bettler, oft Invalide. Aber auch Kinder sind unterwegs. Diese durchstreifen die Schanigärten der Restaurants, werden von den Angestellten immer wieder verjagt, schleichen sich dann vorsichtig beim Zaun vorbei und erbitten Gaben von den Kunden. Einer kam zu mir und ich gab ihm (ich wollte nicht den Geldwechslern an der Grenze nach Moldawien das Geld in den Rachen werfen) 50.000 Lei - ca. 1,3 Euro. Er war zufrieden und dampfte ab. Das sah ein anderer, der sofort zu mir kam und mich ansprach. Ich habe nichts verstanden und habe ihn abgewiesen. Er ging dann eine Viertelstunde neben mir - ich tat, als beobachtete ich ihn nicht - und immer wieder sagte er denselben Spruch. Schliesslich ging ich in eine Bäckerei, holte dort eine Zuckerschnecke und ein Sandwich. Er wartete draussen auf mich, ich gab es ihm und er zischte ab.
Ich versuche immer den Bettlern zu geben - denn mir geht es einfach gut.

Kinder am Land sind offen und freundlich, winken oft, lassen sich auch bereitwillig fotografieren.
FR 8. August 2003
In der Früh startete ich los. Nach 20 km wurde die Strasse enger und ich war auf der falschen Strasse. Aber nicht, weil ich nicht Kartenlesen kann, sondern weil auf meiner Karte der Grenzübergang nicht richtig eingetragen ist. (Auch der Routenplaner einer grossen Softwarefirma ist da falsch!!!). Daher musste ich zurück nach Iasi und nach Norden bei Sculeni über die Grenze.

Die Strasse von Iasi nach Norden war neu gebaut, vierspurig (zumindest am Anfang) und lief immer weiter leicht nach oben. Bei der Ausfahrt von Iasi kam ich an mehreren Ständen vorbei die Särge anboten.
In einem Dorf stand vor einem Haus eine Gruppe von Leuten, ein Pferdewagen, abgedeckt mit einem Teppich stand davor - es wurde ein Toter betrauert. Immer mehr kamen zusammen und dann erschien auch der Pope. Die Kinder trugen die Kränze (die einfache Tannengeflechte mit schönen Blumen waren). Ein Tisch mit Brotzöpfen und Früchten stand vor dem Haus. Als Nur-Zuschauer wollte ich mich nicht vordrängen und Fotos machen.

Nachdem ich den Höhenzug erklommen hatte lag vor mir die Flussebene des Prut. Ich kam zur Grenze. Ich liebe Grenzerlebnisse.

Auf der rumänischen Seite warteten 10 Autos in respektvoller Entfernung. Ich stieg ab und versuchte mit meinem Rad, vor die Autos zu kommen. Natürlich schaute ich mir die Kennzeichen der Autos an und fotografierte (Grenzen sind für Kennzeichen ideal). Interessiert siegen die Insassen aus und fragten, warum ich fotografiere. Ich zeigte ihnen meinen Liste mit den Kennzeichen und da waren sie sehr hilfsbereit (es waren Russen, Ukrainer, Moldawier, Rumänen). Natürlich wurde ich wie immer gefragt woher, wohin (Austrija). Immer erzeugte das bewundernde Blicke (wie fein!!!).

Als ich vor der Kolonne war, stand da ein junger Zöllnerbursch - er musste per Funk fragen, ob ein biciletta zur Grenze vor darf. Dort am Grenzgebäude war nichts los, aber er bekam vom Boss die Antwort cinci minute (5 Minuten). Naja.

Dann war es soweit ich rollte vor, mit mir 2 PKWs. Ich zeigte meinen Pass, der Zoll fragte mich (Waffen, Drogen, Devisen, Alkohol), fragte wieder woher, wohin, rief dann seine Kollegen, die versammelten sich um mich und wir 'unterhielten' uns über die Verrücktheit des Radfahrens. Sie wünschten mir dann drum bun (gute Reise) und ich fuhr über den Fluss Prut. Dort vor der Brücke war wieder ein bewaffneter Bursche. Fotografieren im Grenzbereich ist ja an und für sich verboten. Aber ich musste unbedingt das Schild raul Prut fotografieren. Der Wächter schaute nur interessiert zu.

Mitten auf der Brücke war am Geländer ein roter Strich, der die Grenze darstellte.
Auf der anderen Seite wartete der moldawische Zoll auf mich. Ich fuhr wieder den 2 wartenenden Autos vor. Passport, Vama (=Zoll), Devisen. Einer sprach sogar Englisch und übersetze den anderen. Wieder das woher/wohin-Spielchen mit den entsprechenden Mienen (woooh! Der spinnt! Du kannst ja mit dem mitfahren! ...). Zum Schluss bekam ich noch ein Formular in die Hand gedrückt füllte aus, wieviel Dollar, Euro ich mithabe - die rumänischen Lei schrieb ich auch drauf, weil 100.000 schaut immer gut aus - Waffen, Drogen, Druckwerke. Die Summen wurden nicht überprüft. Dann bekam ich dieses Formular mit dem Stempel wieder, bei der Ausreise, muss ich dass dann wieder abgeben.
Schliesslich und endlich gabs dann auch noch ein Foto der Zöllner ab.
An der Bank (fliegende Geldwechsler, Wechselstuben, Krims-Kramsgeschäfte gab es dort nicht) tauschte ich 50 Euro um und erhielt 780 Lei. Das ist eine schwere Enttäuschung, wenn bisher die Lei immer in die 100.000 spielten.

Dann verliess ich die Grenze und der Schock war da. Durch den anderen Grenzübergang waren es 132 km bis Chisinau. Und ich hatte bereits 50 km hinter mir - puuuh.
Im ersten Dorf schaute ich mal, was man mit den Lei so bekommt. Eine Limo 3 Lei (ca. 20 Cent).
Bei einem kleinen Kleidungsstand kaufte ich mir endlich so einen dummen Schlapphut (45 Lei). Sah zwar doof aus, aber mein Hirn war versonnt.
Die nächste Stadt war Ungheni. In einer Bar traf ich eine älteres Ehepaar mit Tochter. Der Vater sprach mich an - "ich versteh nicht, Austria"- er holte seine Tochter, die konnte deutsch.
Sie war mit einem Berliner verheiratet und dolmetschte. Ihr Vater (er sah alt aus) wollte viel wissen, natürlich woher/wohin, wieviele Tage ich unterwegs war, dass das Rad das aushält, wieviel das Rad gekostet hat (1400 Euro), das sei ja soviel, wie ein Auto, warum ich mir ein Rad kaufe und nicht ein Auto, was ich von Beruf sei, die Antwort Lehrer brachte ihn dazu, mich NICHT als Kapitalist einzustufen, ich müsse (und da lachte er - ich natürlich auch) verrückt sein (und der Kellner lachte auch, weil er hörte mit). Zum Schluss lud mich die Tochter ein, mit ihnen mitzukommen, zu Essen und zum unterhalten, ihr Mann würde sich sicher sehr freuen. Ich lehnte aber leider dankend ab, weil mich plagten die 107 km und es war schon 1/2 3 Uhr. Mit besten Wünschen (drum bun) fuhr ich weiter.

Bei Gegenwind und wenig Verkehr ging es durch recht hügeliges Gelände bis Cornesti. Dort ging es den Berg (in der Nähe ist der höchste Berg von Moldawien) steil hinauf, der Asphalt klebte, der Wind hatte ausgelassen, die überholenden Autos stanken (nach Auspuff, heissen Bremsen heissen Kupplungen und auch sonstwie) - kurz, ich schon mein Rad 1 km weit. Und dann war ich oben.
Eine Tankstelle füllte meine Reserven auf (Apa = Wasser, beste Fruchsäfte). Auch dort wieder woher/wohin. Ich wurde auf einen russischen Panzer, der im Wald als Denkmal stand hingewiesen.
Und dann ging es endlich bergab. Fruchtbare Hänge mit Obstplantagen (Äpfel, Birnen), Mais, Sonnenblumen, später auch Wein umgaben mich. Am Talboden wieder Grasweise für ales mögliche Getier.
Und die Kilometer rollten. Im Internetcafe in Iasi hatte ich mir mein geplantes Hotel in Chisinau nochmal herausgesucht, die Telefonnummer aufgeschrieben. Nachdem ich unterwegs (auch in dem grossen Ort Calarasi) keine Unterkunft fand, rief ich in Chisinau an, um nicht den Tag mit der Suche nach einer Unterkunft (vielleicht gar im Dunkeln) abschliessen zu müssen. Die Dame sprach Englisch und erklärte, sie hätten ein Zimmer für mich.
Gegen 20:00 Uhr (Sonneruntergang von hinten beleuchtete alles sehr freundlich) rollte ich in Chisinau ein.
ICH HATTE ES GESCHAFFT


Ich suchte das Hotel und erholte mich langsam. Zur Abschluss trank ich sogar mal 2 Bier + 1 Pizza, was bei mir reichte, um gerade noch in das Hotelzimmer zu wanken und mich über das Bett zu freuen.
SA 9. August 2003
Der Samstag war von 3 Sachen ausgefüllt.
(1) Wie käme ich am schnellsten zurück?
Variante 1 wäre mit dem Fahrrad. Und da meine
Rad-Zeit zu Ende ging, fiel diese Variante aus.
Variante 2 wäre mit der Bahn. Wie aber die Verbindungssuche ergab, gab es 1 Verbindung, die Dauer nur 39 Stunden über Bukarest-Budapest-Wien. Eine weitere Bahnverbindung wäre über die Ukraine und die dauert über 48 Stunden (und ist mit Visum verbunden).
Variante 3 wäre der Flug. Die Air Moldova fliegt täglich Chisinau-Wien und retour und die Tyrolean Airways mehrmals in der Woche.
Ich wählte die Air Moldova (251 Dollar) statt der Tyrolean (790 Dollar). Das Problem dabei war das Fahrrad.
Erst nach Anruf bei der Abfertigung am Flughafen wurde mit 99%-Wahrscheinlichkeit die Fahrradmitnahme zugestanden.
Ich buchte also im Air Moldova-Büro mein Ticket. Verhandlungssprache war Gott sei Dank Englisch.

(2) Autokennzeichen fotografieren. Ich sammle die europäischen Kennzeichensysteme.
Den Strassenrand, den Parkplatz in der Nähe des Gemüse- und Obstmarktes, den bewachte Parkplatz eines Nobelhotels die Umgebung eines Ministeriums
graste ich mit Hilfe des Parkwächters, der Polizei und alleine ab. Manchmal sassen auch die Besizter im Auto und reagierten konsterniert. Aber als ich ihnen dann die meine Liste zeigte, waren viele mit Feuereifer dabei, die vorhanden Kennzeichen zuzuordnen.
In einem Nebenviertel fand ich das Gebäude der OSZE. Diese Organisation verwendet für ihre KFZ eigene Kennzeichen.
So ein junger Wach-Bursch sah, dass ich den Fotoapparat zückte und rief mich an. Er verstand nicht Englisch und ich verstand schon, obwohl er rumänisch sprach, was er wollte. Ich fuchtelte mit der Kamera herum, wollte dann das OSZE/Schild am Haus fotografieren, aber da er eine Waffe umhängen hatte, liess ich mich doch überzeugen, nicht zu fotografieren.
So, das war eine kurze Einführung in das Kennzeichensammeln.

(3) Chisinau besichtigen. Eine fremde Stadt zu besichtigen mache ich immer mit gewaltigen Fussmärschen.
Chisinau ist eine baumdurchsetzte Stadt, was bei der Hitze ausserst angenehm war. Grosse Parks mit Springbrunnen laden zum Rasten ein. In der Hauptstrasse 'Boulevard Stefan cel Mare' sind viele Kaffees, Bars, Geschäfte und 'tausende' Wechselstuben. Die auf den offiziellen Internet-Seiten dargestellten Ministeriumsgebäude, Hotelansichten, heroischen richtungsweisenden Gestalten sind zwar auch recht schön, aber seeehr fad.
Interessant ist das andere. Obusse fahren, Taxis in rauen Mengen, Polizei und private Wachdienste stehen bei jeder Bank, bei jedem wichtigen Gebäude (daher wusste ich gleich, das ist ein wichtiges Gebaüde), Bettler laufen herum, Typen telefonieren mit Handys, manche sitzen in den Cafes, viele Frauen verkaufen Blumen (der osteuropäische Markt ist offenbar ein bedeutender "Ich bring Blumen mit"-Markt).
Die Polizei kontrolliert auf der Hauptstrasse dauernd Autos, Frauen verkaufen Honig, Sonnenblumenkerne, wenige Erzeugnisse ihrer Landwirtschaft.
Am Bahnhof war ich auch, der wird gerade neu ausgebaut. Auch dort wurde ich aufgehalten, nach dem Pass gefragt, woher ich komme, wie lange ich in Moldawien bleibe (steht eh im Pass), warum ich da am Bahnhof fotografiere.
Als ich dann seine Fragen beantwortet hatte, war er zugänglicher. Er führte mich am Bahnof herum und erklärte mir, dass der Bahnhof von Chisinau der zweit Xte in Europa sei. Nur wusste er nicht, was mit X gemeint sei und nicht, wo der erst Xte in Europa sei.
Der Bahnhof selber wirkte kahl, sehr viel Marmor, und war erst in Teilen mit Leben gefüllt. Für den Bahnsteig brauchte man ein Ticket, aber es ging dann auch so.
SO 10. August 2003
Am Sonntag startete ich die Tour nach Norden und an der Nistru (auf russisch Dnjestr).
Früh brach ich in Richtung Orhei auf der riesigen Ausfallsstrasse nach Norden auf. Leicht hügelig war die Strasse gut zu fahren. Der angenehme Gegenwind kühlte erfrischend.
Nach 40 km zweigte ich auf die Nebenstrasse (asphaltiert) ab. Nach einigen Kilometern gelangte ich zum Fluss Raut, der sich in grossen Talmäandern in die Ebene eingeschnitten hat. In einem dieser engen Schleifen hat sich im Mittelalter auf einer uneinnehmbaren Klippe eine orthodoxe Niederlassung (Kirche mit Kloster) im Felsen eingehauen, erhalten. Orhei Vechi
Nach Besichtigung der Klosterkirche suchte ich den Weg weiter nach Dubasari. Dorthin war es eine seltsame Sache. Die schöne Asphaltstrasse wurde bald zu einer Schotterstrasse. Auf einer Kreuzung - natürlich oben am Hügel in praller Sonne - war kein einziges Hinweisschild zur Weiterführung der Strasse sichtbar.
Erst als nach einiger Zeit ein Pferderfuhrwerk vorbeikam konnte ich mich nach der Richtung nach Dubasari erkunden - es war natürlich eine ganz andere Richtung, als ich vermutet hatte. Leicht hügelig radelte ich im Schotter mit entsprechendem Gerumpel dahin. Bergab ging es auf einmal und es schaute die Straße aus, als ob sie ein ausgetrocknetes Flussbett wäre. Verzagt fragte ich jeden, ob das der Weg wirklich nach Dubasari sei. Kleinste Dörfer am Ende der Welt kamen, kein Geschäft, die Strasse im Ort teilweise asphaltiert. Aber es ging weiter. Durch die Mäander des Flusses bog sich die Strasse eben ganz komisch.
Endlich kam ich aus dem Tal, das an und für sich wunderschön friedlich war, heraus und kam auf eine grössere Strasse im Nistru-Tal. Dort zweigte gleich eine Strasse nach Dubasari ab, ABER ...
dann kam das Transnistrien-Problem zum Tragen. Ich habe mich damit schon in meiner Vorbereitung beschäftigt.
Ein Teil Moldawiens (ungefähr der Teil der östlich der Nistru liegt) hat sich gleich nach 1992 von dem Staat Moldawien losgesagt. Mit Unterstützung Russlands wurde dieser Teil der Republik Moldawiens militärisch aufgerüstet. Diese militärische Macht ist stärker als die der Republik Moldawien. Will man in dieses Gebiet einreisen, dann wird man von den Transnistrischen Truppen kontrolliert - man muss natürlich zahlen. Dieses Transnistrien wird von keinem Staat anerkannt.
Auf diese Kontrolle stiess ich bei meiner Tour. Im Hinterhalt stand ein Panzer, die Strasse war mit Stacheldraht und Betonblöcken gesperrt, und jeder der durchwollte, wurde kontrolliert.
In der Internetinfo des österreichischen Aussenministeriums steht: Von Reisen in oder dem Transit durch den separatistischen – von Österreich nicht anerkannten - Landesteil Transnistrien ist unbedingt abzuraten. Eine konsularische Betreuung von Österreichern durch die Österreichische Botschaft in Bukarest ist nur eingeschränkt möglich.
Die deutsche Botschaft in Chisinau erklärt auf ihrer Internetseite:
Die Teilrepublik Transnistrien befindet sich außerhalb der Kontrolle der moldauischen Regierung. Reisende müssen mit umständlichen Einreiseprozeduren und zahlreichen Verkehrskontrollen rechnen. Da eine konsularische Betreuung durch die deutsche Botschaft Chisinau nicht ohne Weiteres möglich ist, wird von nicht dringend notwendigen Reisen nach oder durch Transnistrien abgeraten.
Transnistrien hat auch eigene Autokennzeichen.

Ich verzichtete dann auch aus Zeitgründen, dieses Genzerlebnis durchzumachen und machte mich zurück auf den Weg nach Chisinau.
Schnurgerade uber Berg und Tal war die Strasse angelegt. Mühsam war es, mich in der Hitze hinaufzuquälen, um dann eine stark rumpelnde Talfahrt nicht geniessen zu können. Eine Qual.
Aber endlich kam der grosse Verkehrsstern (Kreuzung im Norden von Chisinau) in Sicht und es ging die letzten 10 Kilometer abwärts in die Stadt.
MO 11. August 2003
Der Montag begann sehr früh. Um 4:00 Uhr Ortszeit stand ich auf. Zusammengepackt hatte ich am Vorabend. Ich weckte den Security-Mann, der in der Hotelhalle den Nachtportier ersetze. Er half mir noch das Gepäck aufzulegen, wunderte sich dabei, was da alles aufs Rad muss und ich startete los.
MO früh um 4:00 Uhr war es noch dunkel, aber ich hatte ja mein Licht mit einem Naben-Dynamo - super!
Alleine fuhr ich durch die hellerleuchteten aber leeren Strassen, ab und zu fuhr ein Taxi vorbei. Zum Stadtrand zu wurde die Beleuchtung weniger und schließlich landete ich im Dunklen. Irgendwie komisch war mit da schon zu Mute. Natürlich ging es auch da wieder bergauf, bergab. Ich hoffte nur, dass ich nicht eine Abzweigung übersehen hatte und eigentlich beim Aeroport vorbei wäre.
Aber ich hatt mir genug Zeitspanne als Reserve verordnet (Panne, Verfahren, ...). Irgendwo nach 20 km kam endlich die Abzweigung zum Flughafen. Der ist neu errichtet.
Dann ging es eigentlich flott. Sicherheitscheck, Passkontrolle, Zollkontrolle, Einchecken, Unklarheit bezüglich des Fahrrades, Fahrrad und Gepäck waren übergewichtig (30 Dollar), beim Rad Luft rausnehmen (Unterdruck in der Frachtkabine im Flugzeug), Fahrrad und Gepäck wurden übernommen, Passkontrolle, die Devisenerklärung, die ich beim Einreisen ausfüllen musste, wurde mir ohne Kontrolle wieder abgenommen, Überprüfen des Boardingpasses und dann endlich in den Departure-Teil, rein in den Bus, rein in das Flugzeug (ein 30-Sitzer, von dem 13 Plätze belegt wwaren), Start, 2 1/2 Stunden Flug, Ankunft in Wien, Fahrrad und Gepäck retour, Rad aufpumpen, keine Zollkontrolle, rein in die S-Bahn nach Wien Mitte, rauf aufs Rad zum Westbahnhof, Rad im Parkhaus aufgegeben, Radreservierung für den Zug nach Salzburg gemacht
Dieser Bericht wurde in Form eines Online-Tagebuches erstellt. Täglich wurde der Eintrag in einem der vielen Internetcafes in den Etappenorten gemacht. Der Leser hatte dabei Gelegenheit, sich in eine Mailingliste einzutragen und damit die Reise virtuell mitzuerleben.


PS:
(1) Natürlich habe ich das OSZE-Autokennzeichen noch fotografiert

(2) Der McDonalds in Chisinau mit dem Drive in hat um 4:00 Uhr in der Früh auch noch offen
(3) Ich hab sogar Geschäfte gefunden, die KEIN Coca-Cola im Angebot hatten
(4) Alle rumänischen Gangsterbanden und moldawischen Banden müssen auf Urlaub im Ausland gewesen sein.
(5) Ich habe keinen einzigen Unfall oder Unfallspuren gesehen
 1. Tag 146 km
 2. Tag 109 km
 3. Tag 133 km
 4. Tag  98 km
 5. Tag 111 km
 6. Tag 124 km
 7. Tag 180 km
 8. Tag   0 km
 9. Tag 125 km
10. Tag  37 km
Gesamt 1063 km in 56 Stunden