Bulgarien 2008

Dieser Bericht ist als Online - Tagebuch entstanden. Während der Fahrt wurde täglich in einem Internetcafe der Eintrag gemacht.
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07.08.2008
Bruck
So! Morgen früh geht es los. Die Planung ist fertig, es geht an die Umsetzung.
Die geplante Runde: Sofia - Pleven - Russe (an der Donau) - Veliko Tarnovo - Stara Zagora - Plovdiv - Fahrt mit der Rhodopenbahn - Blagövgrad - Rila - Sofia
Karte


08.08.2008
Sofia
Flug Salzburg - Wien - Sofia.
Es ist immer spannend, das Fahrrad zum Flug aufzugeben. Diesmal hat alles klaglos geklappt. Der Lenker muss längsgestellt sein, die Pedale abmontiert werden, der Sattel ganz nach unten gestellt und das Vorderrad am Rahmen fixiert werden - und vor allem, die Luft muss raus. Gut, wenn man das am Tag vorher probiert hat, damit dann das passende Werkzeug mit ist.
Es hat schon Vorteile, wenn man mit einem Linienflug unterwegs ist und nicht mit einem "Touristenbomber". Ich hatte eine ganze Reihe für mich allein - für Osteuropa ist die Austrian ideal.
Während des Fluges konnte ich genau verfolgen, wie wir entlang des Neusiedler Sees, der Donau bis Belgrad und dann über das Gebirge geflogen sind - ein Traum.
In Sofia baute ich dann in aller Ruhe mein Rad zusammen, pumpte Luft hinein, stellte kurz die Himmelsrichtungen fest (Uhrzeit und Sonnenstand verglichen) und fuhr los. Bei der ersten Tankstelle pumpte ich dann mal die restliche Luft in die Reifen.
Temperatur 30°, Uhrzeit + 1 Stunde.
Am Flughafen überprüfte ich den Parkplatz nach besonderen Autokennzeichen ;-)
Bei viel Verkehr legte ich die 20 km in die Innenstadt zurück. Dort kämpfte ich mit der kyrillischen Schrift, obwohl ich jetzt schon sehr viel entziffern kann.
Die Internetbuchung in meinem Hotel hatte nicht funktioniert, aber ein Zimmer bekam ich trotzdem.
Nach einer kühlenden Dusche zog ich los.
Beschreibender Text für Surfer ohne BilderZuerst ging ich zum Bahnhof, Fahrplan schaurn. Ich stellte fest, dass hier auch die klimatisierten Triebwagen von Siemens fahren.

Der anschließende Bummel durch die Innenstadt führte mich über einen großen Gemüse-, Obst-, Allerlei-Dinge-Markt (Hali).
In der Innenstadt gibt es mehrere Straßen als Fußgängerzonen mit Straßenkaffees, Restaurants.
Und in ein solches werde ich mich jetzt zurückziehen.

Und noch was Lehrreiches:
Sofia hat über 1,2 Mio Einwohner, liegt auf 550 m Seehöhe. Es ist das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Bulgariens sowie dessen wichtigster Verkehrsknotenpunkt. Sofia liegt in einem Becken zwischen dem Balkangebirge (2376 m) im Norden und dem Vitoschagebirge (2290 m) im Süden.
Sofia gehört zu den ältesten Siedlungen Europas (vor etwa 8000 Jahren steinzeitliche Siedlung).
Im südlichen Stadtteil Bojana befindet sich die Kirche von Bojana. Sie stammt aus dem 9. Jahrhundert und ist mit unzähligen Wandmalereien aus den verschiedenen Epochen versehen. Die Kirche wurde 1979 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Seit April 2003 baute die österreichische Firma STRABAG den Flughafen aus.
An Frau Benita Ferrero-Waldner, EU-Kommissarin, ist 2007 für den Einsatz für die in Libyen verurteilten bulgarischen Krankenschwestern die Ehrenbürgerschaft verliehen worden.
Und die Raiffeisenkasse ist überall.

09.08.2008
Lukovit
Mit etwas Verspätung (erst um 8:00 Uhr) startete ich vom Hotel Sofia Plaza (80 Euro).
Die Beschilderung war (zumindest für mich) schlecht und prompt war ich auf der falschen Ausfallstrasse. Nach einem Umweg von 10 km war ich endlich am Flughafen und damit auf der richtigen Strasse.
Viel Verkehr begleitete mich. Die Strasse war autobahnmässig und ich konnte auf der Bus-/Pannenspur beruhigt fahren.
Ab Gorni Bogrov begann die Autobahn und ich blieb natürlich auf der Bundesstrasse. Diese erwies sich als "Privat"strasse für mich, denn ab sofort war ich alleine. Alle 5 Minuten kam ein Auto vorbei - und das auf meiner(!) Strasse.
Damit begann ich mit der Durchquerung des Balkangebirges. Diese Gebirge hat ja der ganzen Halbinsel den Namen gegeben. Der Begriff Balkan wird oft abwertend für Konflikte, Korruption, kleine Staaten und Rückständigkeit gebraucht. Metternich soll gesagt haben, dass der Balkan bereits in Wien östlich des Rennweges beginnen. (Der Rennweg ist die östliche Begrenzung des Belvederes in Wien).
Das Balkangebirge ist etwa 600 km lang, verläuft in westöstlicher Richtung und ist nach Süden hin steil abfallend. Das Gebirge mit abgerundeten Bergformen wird von vielen Pässen überquert, von denen der Schipkapass der bedeutendste ist. Außerdem wird es von mehreren Durchbruchstälern durchschnitten, von denen das des Iskaer (Flüsslein durch Sofia) am mächtigsten ist. Höchster Gipfel ist der Botew (2.376 m).
Für mich war die Fahrt auf die zwei Pässe die angenehmste Bergfahrt seit langem. Die Steigung von 5 - 7 Prozent machte das Hochklettern mit einem hohen Gang möglich und damit auch ein Weiterkommen.
Parallel zu meiner Strasse - immer in Hörweite - verlief die Autobahn. Die tollen Talübergänge der Autobahn konnte ich von unten sehen, denn meine Strasse zweigte manchmal in Seitentäler ab, damit sie in Kurven die Höhe erklimmen konnte.
Der Balkan erwies als sanftwelliges, dichtbewaldetes Gebirge. Quellen mit kaltem Wasser waren neben der Strasse zu finden und damit immer wieder Rastpunkte für den Radfahrer Rope.
Nach dem ersten Höhenzug kam ich in das Becken von Botevgrad. Grasland dient den Rinderherden, aber auch den Pferden als Weide. Ganz selten konnte ich auch Schafe sehen. Der Wald mit seinen Laubbäumen ist Grundlage für die Holzindustrie. Eichen, Buchen sind dabei vorherrschend.
Nach Botevgrad kam der zweite Teil der Überquerung dran. Auch hier zweigte meine Strasse in ruhige Seitentäler ab. Alles in allem war es sehr angenehm zu fahren, wenn man genügend Wasser mithat - heute habe ich 5 Liter Wasser (meist `ohne` Gas) durch mich durchrinnen lassen.
Zum Mittagessen gabs ein Stück Käse und einige Scheiben Brot, später dann köstliche Tomaten und 1 Apfel - dazu Massen von Wasser.
Eigentlich wollte ich in Jablanica Schluss machen, fand aber dort kein Hotel, auch keine Pension. Der Hinweis eines Polizisten auf das 5 km entfernte Tankstellenmotel erwies sich als nicht korrekt. Dort wurde ich auf Lukovit verwiesen.
Das aufziehende Gewitter machte eine Pause (mit Omelett und Cola) notwendig - war nicht unangenehm.
Erst um 19:00 Uhr kam ich in Lukovit an und fand mein Hotel Amigos (40 Lew = 20 Euro).
Das Unangenehmste heute waren die Hunde, die aus den Grundstücken bellend auf mich zuschossen. Mehrmalige Sprints waren notwendig - obwohl, wie ja alle wissen, Hunde immer schneller sind als der Mensch. Meine aktuelle Methode ist es, stehen zu bleiben und drohend die Trinkflasche zu heben. Dabei ruf ich dann:"Schlaich di!".
So, genug der Berichte - leider kann ich hier keine Fotos einspielen. Ich sitze im klimatisierten Internetkammerl des Hotel Diplomat.

11.08.2008
Bjala
Gleich nach dem nicht stattgefundenen Frühstück startete ich los. Als erstes kam mir eine Kuh inmitten der Sadt unter.
Auch ein Denkmal mit der Jahreszahl 1877 kam mir unter (1887, zur Bedeutung dieses Jahres siehe unten). Leicht hügelig (nicht ich, sondern die Landschaft) legte ich die Kilometer bis Pleven zurück.
Kurz vor Pleven fand ich einen Hinweis auf den General Lavrov National Park. Es handelt sich dabei um "Monument-Common Grave of the Russian Warriors of Guards Moscow Regiment", "Monument-Common Grave of the Russian Officers of Guards Grenadier Regiment", "Monument to the Herös of the Russian Guards" usw. - also eine Denkmalansammlung für russischen Soldaten allen militärischen Grades. Der Park war etwas verlottert. Eine mächtige Soldatenfigur überragte die Bäume. Das Ganze läuft unter dem Titel "Beautiful Bulgarian Project", im Rahmen dessen mir mehrere Renovierungen, Parks untergekommen sind.
Schliesslich erreichte ich Pleven. Ich konnte hier einer Hochzeit kurz beiwohnen - ich war gerade in der Kirche, als die Trauung begann - mit wunderschönem Gesang des Popen. Da meine Kleidung nicht dem Anlass entsprechend war, verdrückte ich mich.
Die nordbulgarische Stadt Plewen liegt 170 km nordöstlich der Hauptstadt Sofia in der Donau-Tiefebene. Mit 115.000 Einwohnern ist sie die siebtgrösste Stadt Bulgariens.
Hier fanden 1877/78 die Schlachten des Russisch-Türkischen Krieges statt. Bulgarien wurde dadurch 1877 schliesslich von der fünfhundertjährigen osmanischen Fremdherrschaft befreit. Daran erinnern etwa 200 Denkmäler in der Stadt und im Umkreis und in anderen Städten.
Ab Plewen folgte mein Weg weiter in west-östlicher Richtung. Mein Pech dabei war, dass die Ausläufer des Balkangebirges in nord-südlicher Richtung liegen. Daher hügelrauf, hügelrunter - wobei die Steigungen nicht das Problem waren, sondern die Länge der Steigungen. Es ist ja wirklich unglaublich, dass nachdem ein Ende der Steigung in Sicht ist, diese sich gemeinerweise dahinter noch weiter aufwärtsbewegte.
Bei einem der wenigen Brunnen an der Strasse tauchte ich mit dem Kopf zur Gänze unter - und das mehrmals - wie angenehm. Es dauerte nicht lange, da kam einer und wollte mir eine Axt verkaufen (neu). Nachdem ich dankend ablehnte - der Preis von 5 Euro erschien mir doch zu hoch und eigentlich hatte ich an diesem Tag keinen echten Bedarf dafür, ging der Preis auf 3 Euro runter. Trotzdem verzichtete ich. Da kam schon der nächste und wollte mir eine Motorsäge verkaufen. Es sei eine Schweizer Motosäge um 100 Euro. Auch hier wurde der Preis kurz vor dem Wegfahren auf 70 Euro erniedrigt. Meinen Hinweis auf den geringen Platz am Fahrrad wischte der Verkäufer mit dem Argument der Zerlegbarkeit der Säge weg. Schliesslich und endlich fuhr ich ohne Hacke, ohne Motorsäge und dann auch noch ohne Messer (da kam dann noch einer) weiter.
Nach dem Wald- und Weidegebiet des Balkangebirges fuhr ich durch Anbaugebiete von Gemüse, Mais und Sonnenblumen ohne Ende.
Nach Plewen wechselte der Anbau zu Getreide und Mais.
Gegen Abend kam ich in Bjala, meinem heutigen Etappenziel an. Das Hotel Jantra, das ich auf einer Bulgarienseite im Internet fand, gab es nicht mehr, dafür ein kleines Familienhotel Meri, mit dem ich sehr zufrieden war. Ein sehr gutes Abendessen und ein Rundgang in dem nicht sehenswerten Ort beschlossen den Tag.
Die Hunde hielten sich in Grenzen.

11.08.2008
Ruse
Da die Fahrstrecke der beiden letzten Tage mit 145 km und 155 km für mich nicht schlecht waren, hatte ich heute die 60 km bis Russe geplant.
Weil ich beim Wegfahren in Bjala die Strasse "Edelweiss" (Еделвеис) gefunden hatte, freute ich mich.
Ich beschloss, nicht auf der Hauptstrasse zu fahren, sondern die Bundesstrasse (oder wie so was hier heisst). Diese begann mit einer 6 km langen Steigung auf den Höhenrücken, der sich von Bjala nach Norden bis an die Donau zieht. Dieser Entschluss war goldeswert.
Nach dem ich oben war, radelte ich (vorbei an einer grossen Mülldeponie - deren Inhalte per Wind auch in die umliegenden Felder verfrachtet worden waren) zum Bahnhof von Borovo. Parallel zu meiner Strasse verlief die Eisenbahnlinie - die Hauptlinie von Sofia nach Russe - eingleisig, aber elektrisch. Hier begegneten sich zwei Züge.
Ausserdem fand ich wieder mal ein Denkmal mit der Jahreszahl 1877 - siehe oben.
Bei sehr angenehmer Temperatur (25 Grad) begleitete mich die Bahnlinie über Dve Mogili und Ivanovo auf dem Höhenrücken dahin.
20 km südlich von Russe beginnt der Lom, der Donauzufluss von Süden her, in Mändern sich in den Höhenzug einzugraben. Ein beeindruckendes Tal mit Steilfelsen ist das Ergebnis. Diese Strecke wird auch zum Kanufahren genutzt.
Gegen Mittag kam ich in Russe an.
Russe (auf Verkehrsschildern auch Rousse bzw. Ruse - auf kyrillisch Pyce) ist die fünftgrösste Stadt in Bulgarien und die grösste Stadt im Norden des Landes. Sie liegt am rechten hohen Donauufer, 495 km von deren Mündung entfernt. Vor 3 Wochen noch war ich per Rad an der Donauquelle in Donaueschingen bei Kilometer 2840.
Ca. 60 km vor Russe erreicht die Donau ihren südlichsten Punkt, ich war während der Deutschen-Donautour kurz vor Regensburg an deren nördlichen Punkt.
Die Industriestadt stellt auch das kulturelle Zentrum Nordbulgariens dar. Bestimmend dafür sind Schauspielhaus, Oper, Kunstgalerie, Fernsehturm und Hochschulen.
Nach Bukarest (Rumänien) sind es nur 80 Kilometer.
Nachdem ich zu Mittag in mein Hotel (Best Western Bistra & Galina - 55 Euro) eingezogen war, ruhte ich mal 2 Stunden - olympische Spiele Peking schauen (so nebenbei zur Ablenkung).
Dann zog ich durch die Innenstadt. Ich kaufte mir endlich ein Kapperl gegen die Sonne. Am zentralen Platz erwies sich das hässliche Betonkunstwerk der Obcina Russe (Gemeideamt) als beherrschend. Aber die Oper, die Sveta Troica/Kirche und einige ganz nette andere Gebäude machten die weitläufige Fussgängerzone mit mehreren Springbrunnen zum Bummeln und zum Lesen in einem Kaffee lohnenswert.
Natürlich suchte ich auch die Donau heim. Eine Vielzahl von Last-Schiffen, aber auch Personenschiffe lagen am Ufer.
Russe ist die einzige Stadt an der rumänisch-bulgarischen Donaugrenze, die eine Brücke hat. Donaufaufwärts ist die nächste die Staumauer bei Turnu Severin (zwischen Serbien und Rumänien), donauabwärts die Brücke bei Fetesti in Rumänien.
Die Donaubrücke selber ist Teil der weitläufig um die Stadt herumlaufenden Umfahrungsstrasse. Damit schliesse ich für heute und bedanke mich für die aufmunternden Mails.

12.08.2008
Veliko Tarnovo
Nach dem Frühstück im Hotel erkundigte ich mich nach dem Bahnhof (Gara) von Rousse. In 10 Minuten war ich dort. Ich hatte geplant, dass ich mit dem Zug um 7:45 Uhr zurück nach Bjala (wo ich einen Tag zuvor gestartet war) fahre und von dort per Rad weiter nach Veliko Tarnovo.
Es war kein Problem, die Fahrkarte für mich und das Rad für die 60 km-Strecke zu kaufen (3,20 Lew für mich und 2 Lew für das Fahrrad - gesamt also 2,50 Euro). Der Bahnhof von Russe ist kein grosser Bahnhof, wie ich es für eine grössere Stadt erwartet hatte. Er wirkte fast leer. Der Zug kam ganz pünktlich (1 Lok + 2 Waggons). Ein Schaffner kam (es waren in diesen 2 Waggons 2 Zugbegleiter), schaute auf meine Fahrkarte und zischte kommentarlos damit ab. Das Problem wurde mir nicht erklärt, aber sicher wegen des Rades. Der andere Schaffner wartete ungeduldig am Bahnsteig, schaute immer wieder auf die Uhr. Ersterer kam und erklärte mir das Problem: der Zug führe nur bis Borovo (1 Station vor Bjala) und dann ein Bus als Schienenersatzverkehr und der könne das Rad nicht mitnehmen. Ich sagte (aufdeutschenglischitalinischinternational), dass es schon ok sei. Beim Aussteigen in Borovo deutete der Schaffner auf den Bus, ich aber machte das Zeichen für Radfahren- da war er ganz erleichtert und sagte "very good" - zu mehr Englischkenntnissen reichte es bei ihm nicht.
Die Verständigung ist nicht ganz so schwierig - englisch wird kaum gesprochen (nur in den Hotels und mit Jugendlichen. Bulgarisch kann ich nicht, obwohl mir wieder das bisschen Tschechisch, das ich mal versucht hatte zu lernen, zu Hilfe kam.
Der Zug fuhr pünktlichst ab, er war ganz schön voll. Doch nach 2 Stationen leerte sich der Zug weitgehend. Die Landschaft, die ich einen Tag vorher durchradelt hatte, glitt an mir vorbei und ich schaute mir an, wo ich da gestern gefahren war.
Beeindruckend ist es schon, die sanftwelligen Hügel entlang zu rollen, vor allem, da die Hügel ganz schöne Hohenunterschiede (150 - 200 m) aufwiesen. Die eingeschnittenen Täler wurden von Bäumen hervorgehoben und kamen dadurch klar aus den sonst baumlosen Anbauflächen heraus.

In Borovo verliess ich den Zug. Das war der Ort, den ich am Vortag nach 6 km kräftiger Steigung erreicht hatte. Mir war das ganz recht, denn so konnte ich wenigstens die Steigung runterfahren und hatte etwas davon. Bjala liess ich hinter mir.
Kurz nach Bjala überquert die Belenski-Brücke den Fluss Jantra. Diese ist der vollkommenste Brücken-Bau im Osmanischen Reich. Die Brückenbögen waren mit Steintierköpfen reich verziert. Eine Überschwemmung riss einen Teil der Brücke weg.
Der Fluss Jantra war ab da mein Begleiter bis zum heutigen Ziel.
Langsam kam das Balkangebirge wieder auf mich zu.
15 km vor Veliko Tarnovo änderte sich die Landschaft - Der Jantra bricht in einem beeindruckenden Engtal aus dem Gebirge heraus. Landwirtschaftlicher Anbau war nicht mehr vorhanden, sondern endlich wieder mal üppiger Schatten.
Den heutigen Tag beendete ich in Veliko Tarnovo nach 67 km.
Ich war beeindruckt von der wunderschönen Lage, die diese Stadt hat. Ein Zarenschloss (Der Herrscher von Bulgarien hatte diesen Titel) bzw. was davon überblieb und die Patriarchenkirche auf einem Burghügel zeugen von der einstige Macht der alten Hauptstadt. Diese Stadt mit ihren engen Gässchen und den typischen Häuschen mit den vorstehendem ersten Stockwerk ist ein touristischer Anziehungspunkt.
Das Vorhandensein von Andenkenläden, Pizzerias, Discos und anderen touristischen Notwendigkeiten, englische Touristen und andere Gruppen prägen mit das Stadtbild.
Die Stadt selber ist an den Hängen der Berge angelegt, während im Tal nur Strasse und Bahn Platz finden.
Auffällig sind auch viele "real estate"-Büros, die Grund- und Hausverkäufe durchführen. Offenbar findet zur Zeit ein Ausverkauf bulgarischen Grund- und Bodens an EU-Bürger statt. An einer Tankstelle hatte ich mich heute mit einem Engländer unterhalten. Er hat ein Haus in einem Dorf nördlich von Veliko Tarnovo gekauft, wohnte auch dort und fuhr gerade mit seiner Familie ans Schwarze Meer Urlaub machen.
Gestern sprach mich eine Engländerin in einem Dorf an. Sie hat in der Nähe von Russe Grund und Haus gekauft, das sein um ein Vielfaches billiger als in England und sie lebt dort mit Mann und Sohn seit 1 Jahr.
So, und jetzt plane ich noch den morgigen Tag genauer und dann ab in Restaurant. Dort werde ich mir meinen neuen Hit Schopska-Salat und ein Gjuvec zukommen lassen. Der Schopska-Salat ist ein Teller voll mit Tomaten- und Gurkenstückchen mit grob geriebenem Schafkäse überdeckt. Und Gjuvec ist eine Eintopf aus Fleisch, Kartoffeln und anderem Gemüse. Und natürlich auch wieder ein Bier.

13.08.2008
Stara Sagora (Zagora)
Der heutige Tag war einer der angenehmsten bisher. Um 6:00 Uhr sprang ich aus dem Bett, verzichtete auf das Frühstück - es war vom Familienhotel eh keiner munter - und bin los.
Meine Planung war folgende: Ich fahre mit dem Rad die Strecke nach Süden über den Balkan. Mit dieser Strasse wäre ich dem meistbefahrenen Sipcenski Prohod (Schipka-Pass) entkommen. Denn dort donnern die Trucks drüber.
Der Durchzugsverkehr läuft naturgemäss auf den Transitrouten ab. Diese Transitstrassen sind bestens ausgebaut und meist vierspurig. In Ermangelung geeigneter Parallelverbindungen, fahre ich natürlich auch auf diesen Routen dahin. Dabei kommt mir zugute, dass oft Langsamfahrspuren (für Radfahrer :-) ) angelegt sind. Diese Fernlaster sind neben bulgarischen hauptsächlich türkische und rumänische Laster. Ganz vereinzelt sah ich auch russische Laster.
Als ich dann auf meiner Landstrasse dahinfuhr, kam das Schild, dass der Pass wegen Bauarbeiten gesperrt sei. Ich schwankte zwischen "Na, mit dem Rad werd ich wohl durchkommen, es wohnen ja schliesslich auch Leute dort" und "Wenn ich dann raufgeradelt bin und ich kann wirklich nicht ausweichen, dann ist das nicht ganz so erfreulich". Nach 20 km drehte ich also endgültig um (der Verkehr auf meiner Route war praktisch nicht mehr da) und fuhr zurück nach Veliko Tarnovo.
Ich beschloss, das Balkangebirge diesmal per Bahn zu überschreiten. Mit Hilfe eines SMS an die öBB (+436646606000) mit dem Text velikotarnovo*tulovo erhielt ich in 10 Sekunden später ein SMS von der ÖBB, die mir anzeigte, dass um kurz vor neun ein Zug nach Tarnovo nach Tulovo fährt (das ist ein Bahnknotenpunkt 35 km nördlich von Stara Zagora) fährt. Probiers aus - es funktioniert offenbar in ganz Europa!
Eine halbe Stunde vor der Abfahrt war ich wieder zurück, zahlte meine 4 Euro für die 2 1/2-stündige Fahrt und genoss diese sehr interessante Fahrt. Die Bahn fährt dabei eine andere Strecke als die Strassen - es gibt da keine durchgehende Begleitstrasse.
Langsam, aber stetig stieg die Bahn hoch. Der Höhepunkt war, als sich der Zug in einem 360-Grad-Kreis, die Hälfte davon im Tunnel emporschraubte - toll. Ein Eisenbahnfanatiker (ein bisschen bin ich es auch) hat hier seine grosse Freude.
Von Tulovo startete ich dann in der Mittaghitze (es war strahlend blauer, wolkenloser Himmel bei 32 Grad) die 35 km nach Stara Sagora.
Da das Wort 'Stara' alt bedeutet, erwartete ich mir eine Stadt mit einem mittelalterlichen Kern.
Aber dem war nicht so.
Da die Stadt von den Osmanen nach einer Wiedereroberung gebrandschatzt wurde, ist leider vom historischen, einst eher türkischen Stadtbild kaum etwas übrig geblieben. 1879 begann man mit dem Wiederaufbau und entschied sich für eine konsequent moderne Stadtplanung - das Resultat ist ein streng schachbrettförmiges Strassennetz. Heute ist die Stadt also ziemlich modern.
Naja - ich hab mir ein Hotel gesucht (Hotel Efir), mal geschlafen und mich dann auf der Suche nach einem Internetkaffee gemacht. Das hier war sehr angenehm klimatisiert und ganz leise. 18 Computer stehen hier in einem Einkaufszentrum zur Verfügung.
Heute waren es "nur" 48 km.

Noch was zum Thema Fuhrwerke: in Rumänien gibt es eine Vielzahl von Fuhrwerken, die dort der Ersatz für Traktoren sind. Die Pferdchen haben dort meist einen roten Bommel am Zügel hängen, was lieb ausschaut. Hier sah ich bisher sehr wenige davon - oft aber auch Eselfuhrwerke. Eseln gibt es hier viele. Die stehen am Strassenrand herum und fressen.
Traktoren sah ich ganz wenige und wenn, dann ordentliche Kaliber. Zum Beispiel beim Umackern eines Feldes waren 2 Traktoren dabei, mit je einem Pfluganhänger mit 8 Scharen (ich hoffe, so heisst das) beim Umpflügen.

14.08.2008
Plovdiv
Wieder mal raus aus dem Bett. In der Klimaanlage des Hotels hatten sich irgendwelche Nager eingenistet. Wenn diese nicht gelaufen ist, hat es geknabbert und getrippelt. Trotzdem hatte ich eine ruhige Nacht.
Nach einem Frühstück (es wurden mir ungefragt Eier serviert) brach ich auf. Kühl war es - sehr angenehm. Die letzten Hügel der Balkanausläufer waren mit Schwung zu nehmen. Der Verkehr war gering.
Meine Karte hatte das neueste Autobahnteilstück noch nicht eingezeichnet - da kam ich unerwartet zu einer ruhigen Landstrasse.
Ab Chirpan wurde es eben und dann auch gleich warm. Ich war in der Flussebene der Mariza angekommen.
Dieser grosse Fluss ist über 500 km lang und fliesst aus dem Rila-Gebirge ein bisschen durch die Türkei und dann nach Griechenland. Die Mariza-Ebene ist sehr fruchtbar. Angebaut wird, Mais, Gemüse, auch Obst - ganz wenig Wein hab ich gesehen. Das Marizabecken ist ein Teil des sich über 3 Staaten erstreckende Thrakien.
Der Fluss ist nicht besonders tief und wasserarm. Unter der Brücke versuchte ein Hirte, seine Rindenherde durch den Fluss zu treiben. Die Rindviecher blieben aber mitten im Fluss stehen, der ihnen dann bis zum Bau reichte und liessen sich das kühle Wasser am Körper entlang rinnen. Der Hirte zog sich bis auf die Unterhose aus und stapfte bis zum Bauch durch den Fluss um die Kühe weiter zu treiben. Langsam bewegten sich die Kühe und es gelang ihm, sie doch alle auf die andere Seite rüberzubringen.
Bei Popovica kam die Hauptstrecke Edirne (Türkei) - Sofia - Belgrad - Wien zu meiner Route, was man sofort am stark zunehmenden LKW- und Urlauberverkehr bemerkte. Bisher waren ausländische Kennzeichen auf RO beschränkt, aber jetzt überholten mich Österreicher, Deutsche, Niederländer, Engländer, Franzosen in ihren PKWs.
Kurz vor Plovdiv wurden diese auf die dort von Stara Sagora kommende Autobahn verwiesen und damit wurde es sehr viel ruhiger.
In einen unbekannte Stadt einzufahren ist immer sehr aufregend. Zuerst entfernt sich der Schwerverkehr, dann kommen innerstädtische Busse, Obusse, Strassenbahnen dazu, damit auch Ampeln und die Hinweise "Zentrum". Die Ungewissheit, versehentlich am Zentrum vobeizufahren, weil man das Zentrum nicht als Zentrum erkennt, machte mich noch aufmerksamer.
Aber ich hab sogar das Hotel gleich gefunden, das ich mir herausgesucht habe - zufällig war ich ganz in der Nähe, als ich auf dem Stadtplan nachschaute.
Plovdiv ist eine sehenswerte Stadt. Sie hat eine Altstadt, die auf 3 Hügeln liegt. 350.00 Einwohner. Da gibt es ein grosses Amphitheater, das Internetkaffe, in dem ich gerade sizte, ist im 1. Untergeschoss mit grossem Fenster auf die Sitzreihen des römischen Stadions. Eine schöne Moschee liegt auch gleich gegenüber - insgesamt ist Plovidv die Stadt, die ich bisher am attraktivsten empfand.

Thema Preise:
1 Cola 1 Lew + (50 Eurocent)
1 Schopska-Salat (MIT Schafkäse) 5 LEW
1 Kavarma (Gemüseeintopf mit Fleischeinlage serviert in einem Tontöpfchen) 8 LEW
1 Bier 0,95 Lew
1 Weissbrot 0,60 Lew
1 Liter Super-Benzin 2,42 Lew
1 Stunde im Internetkaffee 1 Lew
1 Melone gefüllt mit Eis 5 Lew


In dem Hotel Efir in Stara Zagora (wo ich gestern nächtigte) gab es eine Aktion - im August ist für jeden Hotelgast ein 20-Lew-Gutschein für das hoteleigene Restaurant im Preis dabei. Ich hatte bisher bei meinen Abendessen an die 15 bis maximal 20 Lew bezahlt und dachte mir, das probier ich aus. Das Hotelrestuarant war pickfein aufgedeckt (Seidenservietten, mit mehreren Besteckgarnituren, mehreren Gläsern) - also genauso, wie ich es bei meiner Tour nicht möchte. Erwartungsvoll wurde mein Eintritt in das leere Lokal von Kellner und einem übergeordneten Chef beobachtet. Daher setzte ich mich an einen der Tische (Plätze für 60 Personen waren gedeckt) - ich natürlich in kurzer Hose, Hemd heraushängend und Sandalen, nicht ganz der richtige Rahmen.
Sofort bekam ich kaltes Wasser serviert. Ich kam mir vor, wie bei einem Prüfungsessen in der Hotelfachschule Hofgastein (an dem ich mehrmals teilgenommen hatte).
Ich bestellte Bier, Schopska-Salat, gegrilltes Gemüse und dann ein Steak. Der Kellner servierte und wartete hinter dem Kasten und schaute ab und zu rüber, ob ich schon fertig sein. Kaum war mein Gang gegessen, kam schon der nächste. Das Steak war nicht besonders, aber optisch schön aufbereitet. Als Nachspeise wurde mir Crème Brûlée empfohle, also bestellte ich die auch noch, war dann sehr satt und entfernte mich. Etwas steif war das Ganze, unangenehm, aber ...
Das Ganze kostete 56 Lew (also 28 Euro).

Bei Abfahren in der Früh unterhielt ich mich mit dem Mann an der Rezeption über die Gehälter. Er erhält an die 600 Lew (300 Euro), würde sich also so ein Abendessen und eine übernachtung im eigenen Hotel nicht leisten können. Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte ich schon...


Und jetzt geh ich in ein Strassenlokal und esse dort eine bulgarische Spezialität...

17.08.2008
Bansko
Raus bei Plovid in frischer Luft, freute ich mich aufs Radfahren - endlich wieder mal.
Der Fluss Mariza begleitete mich auch weiterhin, er nach unten (nach Osten), ich nach oben (nach Westen). Am Strassenrand wurden Melonen (ganze Berge), Tomaten, Kartoffeln, Zwiebeln verkauft. Ein bisschen Weinanbau fand ich auch. Aber auch weite Flächen, die meiner Meinung nach brach lagen - diese dienen Rindern, Schafen und Ziegen mit Hirten als Weide.
Die Stadt Pazardhzik überraschte mich positiv. Die Strassen waren frisch asphaltiert. Allgemeinflächen waren mit Blumenbeeten verschönert. Ein Grossteil der Häuser war renoviert - sehr erfreulich. Bei einer Kirche (die keinen Kirchturm haben wie in der katholischen Kirche und daher auch nicht als Landmarken dienen) wurden anlässlich von Mariä Himmelfahrt offenbar Kräuter und Tauben dargebracht. Vor der Kirche standen die Kräuterhändler und die Taubenverkaüfer und die Leute wanderten damit in die Kirche hinein. Genaüres erspähte ich nicht, da ich wie immer im Raddress war und so mich nicht in die Kirche drängen wollte.
Gleich bei der Einfahrt nach Pazardhzik stach mir ein Wohnblock (einer dieser wohlproportionierten, in der ganzen ehemaligen kommunistischen Welt zu findenen) Wohnblöcke ins Auge, der sehr verlottert war, aber an jedem Balkon hängte eine Satellitenschüssel. Ich fotografierte, und einem Passanten war das offenbar peinlich, denn er sprach mich etwas erbost an - ich verstand nur 'Zigani'. Damit war mir klar, dass dieser Block von der Stadt den Roma zur Vefügung gestellt wurde. Roma sind mir mehrmals untergekommen. Meist als Strassenkehrerinnen, die jeden Morgen und in jeder Stadt mit ihren groben Besen unterwegs waren. In einigen Städten gibt es am Stadtrand Ansammlungen von Blech-, Holz- und Kartonhütten, die sehr schmutzig und verlottert ausschauten. Bettelnderweise sah ich nirgends Roma.
Nach 60 km am Rad stieg ich in Septemvri auf die Rhodopenbahn um. Es handelt sich dabei um eine Schmalspurbahn von 125 km Länge - Fahrtdaür 5 Stunden. Sie sollte mich in eine Höhe von 900m bringen. Der Zug mit 1 Lok und 5 Waggons tuckerte entlang des Flusses bergauf, wobei mich tolle Einblicke in die Gebirgslandschaft der Rhodopen erfreuten. Es ist unglaublich, wie brav die Lokomotive die Steigung erklomm, teils mit einem Ausfahren eines Seitentales, um die Höhe zu gewinnen, teils per 360-Grad-Schleife. Bei jedem Bahnhof (Aufenthalt war 4-5 Minuten) sprangen Fahrgäste aus dem Zug, um sich ihre Wasserflaschen an dem an jedem Bahnhof frisch fliessenden Brunnen aufzufüllen. In Avramovo erreicht die Bahn den höchsten Bahnhof der Balkanhalbinsel auf 1267 m.
Gegen Abend erreichte ich Bansko - den Skiort Nr. 1 in Bulgarien. . Auch im Sommer lädt der Ort im Pirin - Nationalpark zum Wandern ein. Auch Thermalbäder gibt es hier. Der Ort hat hübsche Häuser, die meist als Gaststätten und Hotels genutzt werden - sehenswert.
In einem dieser Hotels ubernachtete ich, nicht ohne meinen Shopska-Salat und Kavarma (Fleisch und Gemuse in einem Keramiktopf zusammen geschmorrt).

17.08.2008
Rila
Früh am Morgen zog ich wieder los. Es war in dieser Höhe (900 m) doch etwas frisch. Ich überlegte das erste Mal, ob ich mein Jackerl anziehen sollte, aber nein - es war eh ein
Genuss zu frösteln.
Zürst fuhr ich den Predel-Pass hinauf auf ca. 1100 m. Oben erwartete mich ein prachtvoller
Blick zurück in des Gebirgsbecken von Bansko und nach Westen der Blick Richtung Blagövgrad im Struma-Tal. Auf der Passhöhe wird gebaut - Hotelanlagen, Restaurants. Aber auch ein wunderschöner Brunnen mit kaltem Wasser, an dem ich mich erfrischen konnte, war dort. Natürlich trank ich in Bulgarien an diesen Brunnen das Wasser. Solche Brunnen gibt es bei uns im wasserreichen östrreich viel zu wenig.
Die nächsten 30 km fuhr ich bergab, zürst war es kalt, dann kühl, dann angenehm, dann warm und unten auf 400 m in Simitli wieder sehr warm. Auf der Hauptstrasse mit dem Transitverkehr nach Griechenland fuhr ich nach Norden bis Blagövgrad.
Dann sollte der Höhepunkt der bulgarischen Radrunde kommen - das Kloster Rila (rilski manastir). Es hat nur einen grossen Nachteil, es liegt auf 1150 m Seehöhe.
Kurz nach der Abzweigung in das Rila-Tal und damit auch in das Rila-Gebirge mit dem Rila-
Nationalpark fand ich eine Art Museum oder Verkaufsstelle von alten Autos. Ich blieb
natürlich sofort stehen und fotografierte die alten Kübeln (z.B. ein bestens gepflegter
Wartburg, Renault Dauphin, Kabinenroller, Moskwitsch, und auch alte Motorräder). Um ganz
ehrlich zu sein, interessierten mich dabei nur die alten Autokennzeichen.
Gegen 12:00 war ich im Ausgangsort Rila am Talausgang. Die kommenden 23 Kilometer würde ich ja eh in 1 bis maximal 2 Stunden hinkriegen -dachte ich. Nach 1 Stunden legte ich am Bächlein, der sicher auch Rila heisst, eine längere Pause ein, um im Schatten auszukühlen. Hab mal alles in die Sonne gelegt zum Trocknen (Radlerhose, Radlerleiberl, Schweisstuch).
Daürnd wurde ich von PKWs und Bussen überholt -und die Strasse stieg, teils mit 12 Prozent Steigung. Nach 2 Stunden hatte ich die Hälfte zurückgelegt und war in Pastra - das einzige Dorf in der Mitte der Strecke. Nach 3 Stunden erreichte ich das Seitental, bei dem sich die Steigung nochmal erhöhte, aber nur für 5 km. Gegen 15:30 erreichte ich dann die ersten vollen Parkplätze und dann endlich den grossen Parkplatz vor dem Kloster. Dort sass ein deutscher Tourist (so ein dicker) und rief bei meinem Anblick aus:" Die Verrückten sterben nicht aus!". Ich liess ihm seinen Glauben, denn ich wusste es besser - ja ich bin verrückt - na und?! Bin ich doch gerne

Rila ist eines der größten orthodoxen Klöster und ist in die Liste des Weltkulturerbes der
UNESCO 1983 aufgenommen worden.
Wikipedia
Schätze der Welt

über eine Stunde bin ich im Hof herumgesessen, habe mich abgekühlt und das Gebäude auf mich wirken lassen. Beeindruckend war der vier Stockwerke hohe Innenhof. In der Mitte war die Kirche, daneben ein Wehrtturm. Diese beheimatet auch ein Glockenwerk. Kurz vor 17:00 Uhr drehte ein Mönch mit einem Holzbrett, das aussah wie ein Ruder eine Runde im Innenhof und klopfte mit einem Holzknüppel dagegen - um den Beginn des Gottesdienstes anzükündigen. Er bestieg dann auch den Turm und brachte mittels Seilzug die Glocken zum lauten Klingen. Das uberhört keiner.

Auf der Suche nach einer Schlafgelenheit (im Reiseführer wird die Möglichkeit angepriesen, im Kloster zu übernachten - aber meinem Körper war nicht nach einer Klosterzelle) kam ich zu dem 2 km taleinwärts liegenden Hotel. Diese war im Umbau, Abriss, oder noch nie fertig - ich konnte das nicht so genau ausmachen. Daher hiess es - talauswärts fahren und in einem der Hotels, die das Tal herauf standen. Gleich im ersten hatte ich Platz (leider nur mehr das Appartement für 4 Personen, aber alles zusammen um 30 Euro). Gott sei Dank, gab es auch dort was zu essen, der Wirt empfahl mir die Forellen, die eine Spezialität des Hauses seien. Da ich den ganzen Tag fast nichts gegessen hatte und auch sehr müde war, sagte ich zu ihm: \'You say, I eat\' - und es war köstlich und endete mit Schafjoghurt mit Erdebeermarmelade.
Um 8:00 Uhr schlief ermattet ich ein.

18.08.2008
Sofia
Der heutige (eigentlich gestrige) Tag fing ja heiter an - 20 km Bergabfahrt, zwar in kühler Morgenluft, aber ein Genuss.
Auf der Strasse zum Kloster Rila war der Besucherverkehr noch nicht ausgebrochen, daher war ich ganz alleine und genoss, die Landschaft, die vielen Tälchen, die änderung der Vegetationszonen beim Runterfahren. Zürst dichter Wald, dann Weideland, dann Anbauflächen.
Ich beschloss, nicht die Hauptstrasse zu fahren (für die nächsten 30 km), sondern eine Nebenstrasse über Smocevo. Dies erwies sich als überaus angenehm. Kein Verkehr, auf der Höhe öffnete sich der Blick ins weite Struma-Tal und auf die Berge am Gegenhang, die die Grenze nach Makedonien bilden. Auf meiner Makedonienreise 2005 war ich mit dem Auto zu eben dieser Grenze (aber auf der anderen Seite) gefahren. Das Dörfchen zeigte sich unspektakulär, aber das war auch das Angenehme. Der Blick zurück in Rila-Tal bis in die höchsten Höhen der Rhodopen beeindruckte mich.
In den Rhodopen sind viele leute zum Wandern unterwegs.
Zurück auf der Hauptstrasse fuhr ich nach Dupnica mit Hauptrichtung Sofia.
Das Tal ging flussaufwärts, denn Sofia liegt ja in einem Hochbecken. Die steigende Sonne, die Nichthoffnung auf Schatten und die Gewissheit, dass es die restliche 70 km nur mehr aufwärts ging, nagten an mir.
Die Entscheidung fiel in einem Kaffee in Dupnica. Ein SMS an die öBB (siehe oben) ergab, dass ein Zug von Dupnica nach Sofia vor 10 Minuten abgefahren war. Der Nächste ging erst in 4 Stunden. Was tun?
Dem innere Schweinehund nachgeben oder nach 800 km Bulgarien das sich auch noch antun - natürlich siegte der Schweinehund.
Das hiess warten! - Zu lesen hatte ich auch nichts mehr und eine kyrillische Zeitung wollte ich mir auch nicht kaufen.
Erholt, abgekühlt (der Wartenraum war stark klimatisiert) bestieg ich den Zug. Während der Zugfahrt verfolgte ich in der weiten Landschaft den Verlauf der Strasse, die ich nicht gefahren bin. Immer dachte ich mir - also da wäre ich jetzt mit dem Rad. Es erwies sich mein Entschluss also richtig - für mich zumindest.
Gegen 17:00 Uhr traf ich in Sofia am Hauptbahnhof ein und hatte damit meine Radrunde beendet.
Was blieb: Internetberichte nachholen (hast Du ja gestern gelesen) und mich belohnen. Belohnen heisst Schopska-Salat, ein Steak mit Bratkartoffeln. Und das war dann die Strafe, den das Steak hatte einen Konsistenz wie Leberkäse.
Ein bisschen habe ich noch Olympische Spiele geschaut.

18.08.2008
Wien
Heute hab ich etwas länger geschlafen - immerhin 10 Minuten. Nach einem ordentlichen Frühstück machte ich per Straßenbahn, zu Fuß und dann noch per Rad eine Sightseeingtour.
Die Nevski-Kathedrale (anlässlich 1877), der Präsidentenpalast, die Sofia, die Einkaufsmeile (notgedrungen).
Am Präsidentenpalast wartete ich auf die stündliche Wachablöse. Zackig, aber nicht so wie London lief die kleine Zeremonie in 5 Minuten ab.
Da kam auch das Präsidentenauto daher - ganz unscheinbar. Wie es halt so ist, ging ich dann in den Hof des Amtes, um die dort vorhandenen Autos auf besondere Kennzeichnen zu überprüfen. Aber der Fahrer erklärte mir, dass es keine besonderen Kennzeichen gäbe, alle hätten nur Standardkennzeichen. Nachfragen bei Polizisten zu diesem Thema während der Woche scheiterten an den mangelnden Englischkenntnissen der Polizisten. Ein fachkundiger Hotelportier, der einige Kennzeichen geographisch zuordnen konnte, wusste aber nicht mal, dass BA für die Armeefahrzeuge steht. Einige Diplomatenkennzeichen erwischte ich aber doch (vor der jeweiligen Botschaft). Und ganz zum Schluss fand ich noch ein Kennzeichen mit blaür Schrift - da muss ich erst forschen - aber dieses Thema gehört da nicht her, aber eigentlich schon.
Dann hab ich das Hotel geräumt (eigentlich nur mein Zimmer) und bin zum Flughafen geradelt.
Als die mein beladenes Rad gesehen haben - ein erstaunter Ausruf der Eincheckdamen.
Dann gings schnell - wie im Flug (wie passend).

18.08.2008
Wien
So, dass ist es gewesen. Ich bin gesund wieder daheim, kein Unfall, keine Verletzung, kein Sonnenbrand!!
Und lehrreich, interessant und gutt (mit 2 t) wars.
Ich bedanke mich fürs mitlesen.
Fotos gibt es im Laufe der kommenden Woche.


Karte der Tour